"New-Age-Anhänger", "(Natur)Heilpraktiker", "Spirituelle", "Bio-", "Ökos", "Vegetarier", oder noch schlimmer "Veganer"....Wörter, die die Welt nicht braucht.
Stattdessen sollten meiner Meinung nach Worte wie "Carnivoren", "Dark-Age-" oder "Middle-Age-Anhänger" und "Materialisten" Einzug in den allgemeinen Sprachgebrauch halten.

Das Fleisch-essen gilt in unserer Gesellschaft als "normal". Auch der aktuelle Trend zu Vegetarismus und Veganismus scheint dies (noch) nicht zu beeinflussen. Mit der Schulmedizin und konventionellen Pharmazeutik ist es das Gleiche und bestimmt fänden sich hierfür noch viele weitere Beispiele.

"Sind doch nur Worte", könnte man jetzt sagen, ich denke aber, es ist keineswegs egal und zufällig, welche Betitelungen in unserem Vokabular gebräuchlich sind und welche nicht.
Oder warum gebrauchen wir seltenst einen Titel für Menschen, die Fleisch essen, wohl aber -und nicht zu knapp mit Verachtung oder Belächelung gespickt- Worte für Leute, die sich pflanzlich ernähren?
Kaum jemand würde sich wohl spontan "Materialist" nennen, wenn ihn der "Spirituelle" fragt "Und was bist Du?".
Ich denke auf diese Frage käme beim Fleisch-Esser, wie beim Materialist spontan eine Antwort wie "ääh...nichts...normal halt!"
Oder hat jemand schon mal zu hören bekommen "Ich habe morgen einen Termin beim Schulmediziner."?!?

Was vermitteln nun solche neuen Titel? Da all diese Themen (Veganismus, New-Age / Spiritualität ,...) sich jüngerer (und geringerer) Popularität erfreuen als ihre entgegenstehenden "Vorgänger", tragen sie Bezeichnungen für eine Art Anormalität.
Fleisch-essen war (ist) normal - dann kamen  Vegetarismus und Veganismus, "Realismus" bzw. Materialismus war (ist) die normale Weltanschauung (ein wenig konventionelle Religion schadet natürlich nicht, denn die gibt es ja schon soooo lange und "des hend mir scho' immer so g'macht", was zweifelsohne das fundierteste Argument überhaupt ist) - plötzlich gibt es immer mehr Spirituelle, die natürlich, (weil ja eh alles Humbug ist, was nicht irgendeine offizielle, gesellschaftlich anerkannte [oder einfach nur gewohnte] Einrichtung schon lange praktiziert, oder besser propagiert), auch mit den fast vergessenen "Esoterikern" gleichzusetzen sind.

Menschen neigen dazu, an Altbekanntem, an Gewohnheiten festzuhalten. Die Komfortzone ist uns lieber als das neue Unbekannte, denn sie verspricht Sicherheit: Wir wissen, woran wir sind und wissen auch schon, dass wir damit klar kommen (wenn auch oft mehr schlecht als recht). Alles andere macht erst mal Angst. Mal mehr, mal weniger. Manchmal Überwiegt das Interesse, die Neugier, oder der Leidensdruck der Gegenwart, meistens aber siegt das Sicherheitsgefühl, bzw. die Angst vor Unbekanntem und vermeintlichem Kontrollverlust. Das läuft in unserer eigenen kleinen psychischen wie materiellen Welt genauso wie im Großen, in der Gesellschaft als Ganzes.

Sicher ist es ein ganz natürlicher Vorgang, dass für neue Themen neue Worte geschaffen werden (oder neu [wieder] in den allgemeinen Sprachgebrauch einfließen), so dass man sich über sie verständigen kann.
Ich habe aber den Eindruck, dass 1. die Titel teilweise sehr unglücklich gewählt sind und 2. diese "Sondertitel", zu deren Gegenstück gar keine Titel gebräuchlich sind, dazu beitragen, dass wir uns in unserer alten und vielleicht ja längst überholten Denk- und Lebensweise bestätigt, sicher und "richtig" fühlen und das neue Thema weiterhin mit gutem Gewissen als Unsinn abtun können, ohne dieses Urteil zu überprüfen.

Ich spreche mich hier also nicht gegen alte Einstellungen oder Neologismen aus, sondern appelliere an den gesunden Menschenverstand und auch das eigene Gefühl, sich bewusst zu machen, welche Urteile mit Titeln assoziiert werden, welche Emotionen sie (oft ganz unbemerkt) hervorrufen und diese zu überprüfen und ggf. zu korrigieren.
Vielleicht reicht es einfach, sich, wenn einem Betitelungen der Anormalität über die Lippen oder in die Ohren kommen, ins Gedächtnis zu rufen, worum es dabei eigentlich tatsächlich geht, was der Ausspruch wirklich bedeutet und ob das Gefühl von Ablehnung oder Gleichgültigkeit wirklich aus einem selbst kommt, oder durch den Begriff und die Gewohnheit hervorgerufen wird.

Wenn Ihr also das nächste mal jemanden (vielleicht auch Euch selbst) sagen hört: "Nein, danke. Ich bin Veganer.", oder "Das ist so ein New-Age-Anhänger", o.ä., dann nehmt Euch doch einen Moment um zu überlegen: >Veganer. Das bedeutet, er ist jemand, der Tierleichen nicht als Nahrung ansieht. Bin ich selbst überzeugt, dass tote Tiere Nahrung für mich darstellen (sollten)? Halte ich es für natürlich, fühlt es sich in mir richtig an, tote Tiere zu essen? Ist das wirklich normal? Und, wenn ja, ist es der einzige "normale" Aspekt?< und >Was bedeutet "New-Age" eigentlich? Halte ich es wirklich für normal, neue Einstellungen und Ideen abzulehnen und für unwahr zu erklären weil sie neu/ungewohnt sind?< usw.

Vielleicht führt es ja irgendwann bei so vielen Leuten zu einem kleinen Aha-Effekt (oder mehreren), zu einem Anflug von >Was machen wir hier eigentlich?< und daraufhin vielleicht ja sogar zu einem >Moment, was mache ICH hier eigentlich? (Das ist doch nicht normal!)<, dass es ausreicht um nachhaltig etwas auf der Welt zu verändern.
Und vielleicht gibt es dann bald keine "Vegetarier" mehr und keine "Spirituellen" und keine "Heilpraktiker", sondern z.B. nur die "Normalen" auf der einen und die "Carnivoren", die "Schulinformationspraktiker" und "Materialisten" usw. auf der anderen Seite. Und vielleicht wäre das sogar besser...?


 


 


 


 

 

 

 

 

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