---prinzipiell geht's ums Prinzip---

 

Es gibt einige Grundsätze und Prinzipien, die ich als absolut notwendige und wichtige Basis für die Arbeit am eigenen Leben und am eigenen Selbst ansehe und ohne die, meiner Meinung nach, ein wirklich echtes, glückliches Leben nicht machbar ist:

 

1. sag "Ja!" zum Leben!

Irgendwann einmal, nachdem ich mich schon lange Zeit mit der Frage beschäftigt hatte, warum mein Leben nicht so will wie ich, und nach vielen gescheiterten Versuchen, etwas an meinem Leben zu ändern, bin ich auf die Frage gestoßen:
Habe ich überhaupt jemals "ja" zum Leben gesagt?


Mit unserer Geburt sagen wir "Ja!" zum Leben. Unser Körper hat daher alles Nötige getan, um uns zum Leben zu bringen und am Leben zu halten. Wir waren uns mit uns selbst, unserem Körper und der Welt einig, dass wir dieses Leben führen wollen.
Aber eine bewusste Entscheidung war das wohl eher nicht.
Und selbst wenn doch, so hat sich unsere Einstellung zum Leben seitdem drastisch geändert und unsere Entscheidung von damals, als wir das Licht der Welt zum ersten Mal erblickten, ist vielleicht unbemerkt ins Wanken geraten oder komplett aufgegeben worden.

 

Es gibt nur zwei Möglichkeiten:
Will ich leben, oder bin ich gewillt und bereit, das Leben aufzugeben?
Meine persönliche Antwort darauf war die, dass ich nicht bereit war, das Leben zu verlassen, da ich das meiner Mutter nicht antun wollte.
Die logische Schlussfolgerung war also: Ich werde weiterleben.

Aber ob sich wohl ein ertragenes, hingenommenes Leben gestalten lässt...?

Man kann nichts wirklich anpacken, das man nicht wirklich will (aus welchen Gründen auch immer).
Bevor man etwas erreichen kann, muss man sich dazu entscheiden, es anzugehen.
Ansonsten fehlt es z.B. an Motivation, Durchhaltevermögen und am Spaß an der Sache (und an seinem eigenen Leben sollte man schon ein bisschen Spaß haben können, oder!?).
Wie sollte ich also ein auch nur erfüllendes Leben haben können, wenn ich mich auf das Leben selbst garnicht einlasse?
Ohne Ziel haben wir keine Richtung, finden keinen Weg (wohin denn auch?) und treten deshalb auf der Stelle.
Wenn wir uns aber für etwas bewusst entscheiden, wird es zu einem Ziel (oder beinhaltet Ziele).
Und mit einem Ziel ergibt sich eine (wenn auch nur ungefähre) Richtung und es entstehen Wege, die wir gehen können.
Um das eigene Leben anzupacken und zu gestalten ist also eine bewusste Entscheidung nötig!

 

Ich sagte schließlich "Ja!" zum Leben und somit war mein Ziel ein möglichst lebenswertes Leben und ich konnte endlich aufhören, ohne Fortbewegung von einem Fuß auf den anderen zu treten.

 

2. Akzeptanz ist nicht genug !
 

Selbstliebe - ein vielgenannter Begriff wenn es um die Suche nach Erfüllung, Erfolg oder einem glücklichen Leben, Selbstvertrauen und -bewusstsein geht.
Es gibt soviele mal spiritueller, mal psychologischer formulierte Erklärungen darüber, warum Selbstliebe wichtig und notwendig ist und mindestens genausoviele "Anleitungen" dazu, wie man sie erlangt.
Viele lesen besagte Texte durch, oder hören sich Vorträge darüber an, weil sie fühlen, dass da etwas wahres dran ist, oder weil ihnen die Schlussfolgerungen logisch erscheinen, oder einfach weil sie sonst schon alles ausprobiert haben und es ja nicht schaden kann.
Nun, es kann  schaden, wenn es einen vom Glauben (an Erfolgschancen in Sachen Selstliebe und allem was darauf aufbaut) abbringt, dadurch dass man das Thema nur oberflächlich beleuchtet und dann irgendwann aufgibt, weil man stetig ins Leere greift.
In diesem Themengebiet wid oft als der wichtigste Schritt, den es zu tun gälte,
das Erlangen von Selbstakzeptanz genannt.

"Akzeptiere Dich selbst!", "Akzeptiere Deinen Körper!", "Nimm Dein Selbst an, so wies es ist!", "Akzeptiere Deine Fehler!", "Erlaube Dir, Fehler zu machen!", "Akzeptiere Dich mit all Deinen Schwächen und Stärken!" - schonmal gehört?
Schön und gut: Sich selbst -mit all seinen Schwächen und Stärken- anzunehmen, zu akzeptieren ist ganz sicher etwas sehr wichtiges und kann einen durchaus näher zu sich selbst und im Leben voranbringen. Mit Selbstliebe hat das allerdings noch nicht viel zu tun.

Da gibt es dann Techniken, nach denen man sich dann jeden Morgen im Spiegel anlächelt und sich sagt dass man gut aussieht, oder man versichert sich beim Zähne putzen, dass man erfolgreich ist und der Tag gut werden wird, oder man liegt abends im Bett, geht in sich und gibt seinem Inneren mit einer dicken geistigen Umarmung zu verstehen, dass man sich lieb hat und stolz auf sich ist.
Nach den ersten paar Wochen, in denen man sich während dieser Rituale noch reichlich beknackt und schizophren vorkommt, stellt sich dann so langsam aber sicher ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit mit sich selbst ein...das ist dann die Selbtliebe.
Okay, und jetzt im Ernst: So blöd sind wir nicht!

 

Die nächste Stufe im Programm "Akzeptiere dass Du scheiße bist und alles wird gut!" ist dann die Anordnung, sich selbst etwa gutes zu tun. Wenn möglich jeden Tag, oder sogar mehrmals am Tag für diejengen, die soviel Zeit übrig haben.
Da macht man sich dann eine schöne Tasse Tee und sieht seinen Lieblingsfilm an, oder man tut was für seinen Körper und geht Joggen oder nimmt sich einen Tag frei, geht in die Natur und macht einen gemütlichen Spaziergang im Wald, leistet sich einen Frisörbesuch, eine Massage, erlaubt sich einen neuen Computer, stockt seinen Schuhbestand auf und und und.
Und das zeigt unserem Inneren dann nach und nach, dass wir uns selbst lieben und ehren, denn wir tun das ja immerhin ausnahmsweise mal nur für uns ganz alleine und bestenfalls ja sogar mehrmals pro Tag.
Aber mal ganz ehrlich: So bestechlich sind wir nicht!

 

Um Dich selbst lieben zu können, musst Du Dich erstmal wirklich mögen und Dir das auch zeigen. Und zwar dauerhaft, nicht nur ein paar mal in der Woche, oder zwei mal pro Tag. Nicht nur mit irgendwelchen außergewöhnlichen Gesten der Zuwendung, sondern mit dauerhafter alltäglicher Zuwendung, mit Respekt, Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Unterstützung. Du musst Dir selbst ein Freund werden. Dein bester Freund.
Einen guten Freund akzeptierst Du nicht einfach. Zu einem guten Freund sagst Du nicht: "Also gut, die Speckröllchen an Deiner Hüfte sind zwar echt eklig, aber dafür hast Du richtig tolles Haar!"...Wie würde sich ein Freund fühlen nach so einer Aussage?!
Einem Freund sagst Du auch nicht: "Naja, Du hast es halt mal wieder nicht hinbekommen, das kennen wir ja schon, davon geht die Welt nicht unter.", oder "Kann schon sein dass Du echt blöd aussiehst, aber schließlich zählen ja die inneren Werte!", oder "Du hast so ein schönes Gesicht, wenn nur die Nase nicht so riesig wäre...", oder "Du hast zwar nicht  grade ne tolle Figur, aber dafür bist Du super in Deinem Job und kriegst auch sonst alles klasse hin!".
Würdest Du soetwas zu einem guten Freund sagen?
Sagst Du Dir selbst soetwas manchmal? Oder denkst Du sogar schon generell so über Dich? Merkst Du überhaupt, wenn Du Dir soetwas sagst, oder ist es schon ganz normal geworden und fällt Dir garnicht mehr auf?

Hier "kurz" eine Zwischenanmerkung zum Thema Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen:

Ich habe viele Jahre lang versucht, mein Aussehen, mein Körper, mein Gesicht zu lieben, zu mögen, oder zumindest okay zu finden.
Es hat nie geklappt. Ich konnte selbst auf ernstgemeinte Kompliente anderer über mein Aussehen stets nur mit einem verbissenen Grinsen und Antworten wie "Tja, was Schminke nicht so alles kann..." reagieren...
Ich habe wirklich versucht, mich optisch zu mögen, ich hab mir selbst gesagt, dass das ja möglich sein MUSS, denn es gibt ja schließlich Menschen, die mich gutaussehend -oder zumindest nicht hässlich- finden. Ich schaffte es aber einfach nicht, der Ekel vor meinem Körper und Gesicht war einfach zu groß.
Meinen Partnern habe ich die Tatsache, dass sie mich optisch attraktiv finden, als Schwäche ausgelegt....da war dann ihre "rosarote Brille" schuld, oder die Tatsache, dass sie mich lieben und deswegen irgendwie zu blöd sind um zu sehen, dass ich eigentlich hässlich bin. "Klar findet der dass ich gut aussehe, der liebt mich aber halt auch..."
Die Tatsache, dass mein Partner mich, bevor wir zusammen waren, auch mal attraktiv gefunden haben muss -OHNE mich zu lieben- habe ich dann auf meine Schminkkünste geschoben und auf meine Fähigkeiten, vorteilhafte Kleidung zu wählen. Und wenn nichts mehr zog, dann einfach darauf, dass ich Brüste habe und der Typ wohl recht anspruchslos ist.
Es war also wieder die "Schwäche" der Kerle, denn sie waren zu naiv um die kaschierenden Tricks zu durchschauen....Sie sind also auf mein Styling reingefallen, haben sich daher in mich verlieben können und, als sie mich dann zum ersten Mal ohne Schminke und kaschier-Klamotten sahen, liebten sie mich ja schon, waren also dann schon zu "betäubt" und die Realität wahrzunehmen.

Komplimente von Frauen oder Freunden waren sowieso nur Mitleid und Höflichkeit...oder es lag eben wieder an dem guten Styling.
 

Hier ein Beispiel, das wahrscheinlich jeder so oder änlich kennt: Man findet jemanden total attraktiv, gutaussehend, interessant und anziehend und irgendwann lernt man denjenigen besser kennen und stellt fest: Er/Sie ist ein(e) totale(r) Idiot(in) oder Langweiler(in) und plötzlich weiß man garnicht mehr, wie man denjenigen jemals anziehend finden konnte, findet ihn/sie vielleicht sogar abstoßend (Auch sehr bekannt aus dem Bereich Ex-Partner!). An dessen Aussehen hat sich während dieses Ablaufes aber überhauptnichts geändert.
(Das ganze gibt es auch oft umgekehrt: Man findet jemanden unattraktiv und irgendwann verliebt man sich in denjenigen und/oder findet ihn auf einmal attraktiv obwohl sich sein Äußeres nicht verändert hat.)
Oder: Ein Freund zeigt Dir das Foto von seiner neuen Liebschaft und sagt gleich dazu: "Also in echt sieht sie/er aber besser aus."
Das ist auch soetwas: Fotos nehmen genusowenig die Person im Ganzen auf, sondern nur einen klitzekleinen Teil.

Nun ist es aber so:
In der Regel nimmt man andere Menschen im Ganzen wahr. (Also zumindest so "ganz", wie sie in dem Moment sichtbar sind.)
Das, was man ausstrahlt und was einen für andere Menschen attraktiv oder unattraktiv macht, ist nicht nur die Form, Fülle und Farbe von Gesicht und Körper, die Struktur der Haare oder Reinheit der Haut.
1. Wird auch der Charakter ein Stück weit wahrgenommen, die Art zu reden, der Bildungsstand, die Intelligenz, die Kreativität, die Einstellungen, die Werte, das Benehmen, das Selbstbewusstsein, usw.
2. Wird auch das rein äußerliche nicht so gesehen wie wir es im Spiegel erfassen oder wie es ein Foto festhält.
Da kommen Bewegungen dazu, Mimik, Gestik, Verkrampftheit oder Entspanntheit, Körperhaltung, das Lächeln, ernste Blicke, fröhliche Blicke, verträumte Blicke, nachdenkliche Blicke, Lachfalten, Stirnrunzeln, Strahlen in den Augen, Blinzeln, Marotten wie auf der Lippe herumknabbern o.ä., verschiedene Blickwinkel, Haltungen und unterschiedliches Licht (also unser Gesicht/Körper im Sitzen, von der Seite, von unten, von oben, frontal, leicht schräg, mit geneigtem Kopf, mit erhobenem Kopf, mit gestrecktem Hals, eingezogenem Hals, in warmem Licht, in kaltem Licht, in schummrigem Licht, in grellem Licht,...)  und und und...eben all das, was uns in bewegter optischer Weise einzigartig macht.
All das sehen wir im Spiegel nicht. Oder nur zu einem winzigkleinen Bruchteil. Wir nehmen uns bei weitem nicht im Ganzen wahr wenn wir uns im Spiegel, auf Fotos, oder auch auf Videoaufnahmen (obwohl diese bewegt sind und dort einige genannte Dinge sichtbar sein können) betrachten.

 

.........FORTSETZUNG FOLGT..........

 

3. Selbstliebe - was war das nochmal?

In Sachen „glücklich sein/werden“ hört man es von allen Seiten: Einer der wichtigsten Schlüssel (wenn nicht sogar der wichtigste überhaupt) zu einem glücklichen Leben, oder auch nur Teilbereichen dessen (Partnerschaft, Berufung, Freundschaften, …), sei die Liebe zu sich selbst.
Den meisten Leuten erscheint dies auf den ersten, zweiten, oder dritten Blick einleuchtend und auch ich stimme dem voll und ganz zu. Trotzdem scheitern wir (und mit „wir“ meine ich uns, den Großteil der Menschheit, der hier so seine bewussten oder unbewussten Schwierigkeiten mit hat) auf dem Weg dorthin irgendwie immer wieder, ohne so richtig zu wissen woran wir eigentlich scheitern. Das ist anstrengend, zermürbend, ent-romantisierend, enttäuschend und nervig. Die meisten von uns haben diese Enttäuschung schon so oft und/oder so intensiv erfahren, dass das Gerede von der Selbstliebe, ihrer angeblichen Notwendigkeit und Erreichbarkeit, zu einer nervigen Floskel aus einem Brei von Klischee-Psychologie und Dumpfbacken-Esoterik wurde, mit der in der Praxis niemand so wirklich etwas anfangen kann.

Dass der Weg zur Selbstliebe nicht der einfachste ist, ist weitgehend bekannt. Daher gibt es ja auch schon eine Menge Hilfestellungen in Form von Büchern, Kursen u.v.m. zu dem Thema.
Ich selbst bin in diesem Bereich aber immer wieder auf das selbe Problem gestoßen:
Man wird einfach nicht dort abgeholt, wo man steht.

Heißt, Praktiken à la „stell Dich täglich vor den Spiegel und sage Dir dass Du Dich liebst“ oder „umarme Dich jeden Morgen und jeden Abend innig selbst“ gehen - obwohl sie durchaus Potential in sich tragen können – komplett nach hinten los. Oft schon in der Vorstellung: Eine Augenbraue zieht sich ungläubig nach oben, während die andere kritisch Falten auf die Stirn zeichnet.

Es kommt uns lächerlich und sinnlos vor.

Hier mag leicht der Gedanke aufkommen, dass es eben einfach generell lächerlich ist, sich selbst gegenüber Liebe auszudrücken. > Welcher normale Mensch macht denn so was?! ...Wie erbärmlich, das ist schließlich der Part der anderen Menschen, nicht mein eigener! < Wir sind gewohnt, Liebe und Co nur von außen zu bekommen und nur nach außen zu geben. Das ist „normal“. > Liebe und Zuneigung (u.v.m.) bekommt man (nur) von anderen Leuten und man gibt sie (nur) anderen, und wir brauchen sie auch (nur) von anderen (denn das ist ja auch die einzige [vernünftige] Möglichkeit sie zu bekommen). Ganz normal, so läuft das nun mal. < So wurde es uns beigebracht.

Doch diese „normale“ Einstellung zum Thema Liebe (und allem was damit zusammenhängt) ist schlichtweg unwahr, unnatürlich, unproduktiv und ungesund!

(Und ich kann aus eigener Erfahrung versichern: Ist man sich selbst erst nahe genug gekommen, fühlt es sich nicht mehr im geringsten anormal, lächerlich, oder unwohl an, sich selbst z.B. zu umarmen.)

Doch das was wir bei solchen Praktiken der Selbstliebe tun (würden) kommt uns auch unabhängig von dieser (kr)an(k)erzogenen Einstellung albern und merkwürdig vor. Weil es nun mal nicht wahr ist und nicht von Herzen kommt. Es ist unauthentisch und aufgesetzt und genauso fühlen wir uns auch dabei.

Wir lieben uns selbst ja (noch) nicht (sonst bräuchten wir ja besagte Hilfspraktiken gar nicht), warum sollten wir uns also erzählen wir täten es? Wer umarmt jemanden, den er nicht ausstehen kann oder mit dem er nichts zu tun hat/haben will? Da würde sich doch jeder unwohl bei fühlen und vermutlich käme sich auch jeder lächerlich dabei vor, seinem „Feind“ oder einem uninteressanten Bekannten gegenüber zu stehen und ihm einfach mal lächelnd seine Liebe zu gestehen.
Solche Selbst-Liebeserklärungen können meiner Meinung nach erst später an die Reihe kommen, und dann - und nur dann - können sie ggf. auch tatsächlich einen positiven Effekt bieten. Bis dahin gibt es aber erst mal einiges anderes zu tun und entdecken.

 

 

Wie drückt sich Selbstliebe überhaupt aus?

Wie ich gemerkt habe, steckt Selbstliebe, bzw. der Mangel an dieser, in sehr viel mehr Dingen, als man meinen könnte. Daher ist der Weg zur Selbstliebe auch nicht kurz und einfach, denn es reicht eben nicht, sich selbst immer wieder Komplimente zu machen, auf die Schulter zu klopfen, sein Spiegelbild zu knutschen und sich jeden Tag was Gutes zu tun. Der Teufel steckt im Detail, heißt es und so sehe ich es auch bei diesem Thema.
Hier sehe ich es als sinnvollsten Weg an, erst mal nicht zu schauen, was man für sich tun „sollte“, sondern sich vorerst anzusehen, was man derzeit tut und bisher getan hat, wie man bisher mit sich selbst umgegangen ist, wie man wirklich zu sich steht und sich behandelt. Und hier können schon unglaublich viele versteckte Punkte darauf warten, aufgedeckt zu werden.

In der Regel hat sich jemand, der sich auf den Weg zur Selbstliebe gemacht hat, schon vor langer Zeit von sich entfernt und ist im gegenwärtigen Moment bereits extrem an destruktive Denkmuster, Glaubenssätze, Verhaltensweisen, Schutzmechanismen, Vorstellungen und Emotionen gewöhnt, sodass es eine Herausforderung darstellen kann, diese Destruktionen im Alltag überhaupt (als solche) wahrzunehmen.
Wer sich z.B. seit Jahren einen Sklaven im Keller hält (und ja, ich denke, wir haben uns die längste Zeit unseres Lebens in vielfacher Hinsicht selbst versklavt und in den Keller gesperrt), braucht sich nicht wundern, wenn nun ein wöchentlicher Wellness-Tag im Keller und gelegentliches Kopf-Tätscheln nicht zu einer liebevollen Beziehung zu jenem Menschen führt.
Die Aufarbeitung dieser Details in der Beziehung zu uns selbst geht fließend über in die Entwicklung einer partnerschaftlichen Form von Liebe zu uns selbst.

 

 

Wie kommt es zu Selbstliebe?

Zwei Formen von Liebe ziehe ich als Vergleiche heran um der Selbstliebe auf den Grund zu gehen:


I. Die von Grund auf gegebene, „familiäre“ Liebe, wie die zu einem eigenen Kind

II. Die sich entwickelnde Liebe, wie wir sie aus Freundschaften oder Partnerschaften kennen.

 

I. die „familiäre“ Selbstliebe

Die erste Form der Liebe zu uns selbst steckt bereits seit unserer Geburt in uns. Wie auch die Liebe zu ihrem Kind bereits in den Eltern steckt, wenn es zur Welt kommt.

Diese Liebe ist immer noch in uns vorhanden, quasi als die Liebe zu unserem „menschlichen Kern“, dem Kind in uns (der Begriff „Kind“ ist hierbei nicht zu wörtlich zu nehmen, da sich dieser Kern seit Kindesjahren natürlich weiterentwickelt, erweitert und verändert hat und heute nicht mehr wirklich Kind ist, weil er inzwischen mit einem erwachsene(re)n Geist mit größerem Erfahrungsschatz usw in Verbindung steht. Ich nenne es unser „Kernwesen“). Sie ist allerdings zumeist verdeckt, verdrängt, verschüttet, weggesperrt und um Zugang zu bekommen müssen wir die erst einmal freischaufeln, aufdecken, auf sie zugehen und sie zulassen.
Als kleines Kind fanden wir uns (mindestens bis zu einem bestimmten Alter) absolut in Ordnung, hatten nichts an uns auszusetzen nicht einmal darüber nachzudenken, ob etwas an uns nicht liebenswert sein könnte. Wir waren wir und das war gut so. Wir waren uns selbst der beste Freund.
Als Kind zählten gewisse Dinge für uns noch nicht. Wir waren einfach wir und das genügte, um uns selbst zu mögen und lieben (unbewusst natürlich, weil es einfach ganz natürlich war).
Uns war egal, wie wir aussahen, unsere Weiblichkeit bzw. Männlichkeit, oder auch Sexualität, Beruf und Lebensführung spielten keine Rolle, usw.


Diese und weitere Faktoren spielen aber heute sehr wohl erheblich in unsere Selbstwahrnehmung mit rein. Das heißt also, diese „Grundliebe“, die bedingungslose Liebe zu uns selbst als menschliches Individuum, reicht heute nicht aus um uns im Ganzen zu lieben, da unser „Kernwesen“ heute nicht mehr das einzige ist, was unsere Ganzheit ausmacht und was wir an uns wahrnehmen.

Wir brauchen also noch eine zusätzliche Form der Liebe, die Aussehen, Weiblichkeit/Männlichkeit, Charakter, und alles andere, was erst mit dem Heranwachsen in unser Bewusstsein getreten ist, umfasst.
Das klingt jetzt vielleicht erst mal sehr verkomplizierend – plötzlich zweimal Selbstliebe, dabei schien eine einzige schon unerreichbar - aber das Gute daran ist, dass unser Kernwesen und die Liebe von und zu ihm nicht neu erschaffen, sondern nur wiedergefunden, bzw. befreit werden muss und uns bei unserem Streben nach Selbstliebe unserer aktuellen Ganzheit sehr helfen kann. Und ich glaube dass wir das auf diesem Weg auch brauchen.

 

II. die „partnerschaftliche“ Selbstliebe

Für die Liebe zum „erwachsenen“ Teil unserer aktuellen Ganzheit bediene ich mich als Vergleich an dem Beispiel der partnerschaftlichen bzw. freundschaftlichen Liebe. Der Liebe zweier eingangs Fremder also, die erst mit zunehmender Nähe zueinander entsteht.
Der Mensch, der wir heute sind,
ist in den meisten Fällen ein mehr oder minder Fremder für uns. Der Teil von uns, den wir seit unserer Geburt kennen, ist 'nur' unser Kernwesen. Wir kennen unsere „Ganzheit“ aus der Kindheit, aber unsere aktuelle Ganzheit umfasst zusätzliche Faktoren, die wir vielleicht noch gar nicht richtig kennengelernt, oder überhaupt wahrgenommen und angesehen haben.

Abgesehen von der Liebe auf den ersten Blick (deren Existenz sei mal dahingestellt) lieben wir einen Fremden nicht von Anfang an.
Erst lernen wir ihn kennen, sehen ihn und akzeptieren ihn, wie er ist, dann mögen wir ihn und dann kommen der Person näher, vertiefen die Beziehung zueinander und schließlich fühlen wir irgendwann, dass wir sie lieben.
Soweit der konventionelle Ablauf. Der Punkt hierbei ist, dass die Schritte Kennenlernen, Akzeptieren und Mögen unabdingbar sind um Liebe für die Person entwickeln zu können.
Dieselben Schritte müssen wir uns auch für die Beziehung zu uns selbst zugestehen.
Wie willst Du jemanden lieben, den Du nicht einmal magst? Wie willst Du jemandem Zuneigung schenken, mit dem Du gar nicht wirklich etwas zu tun hast?

 

 

Aller Anfang ist schwer aber wichtig


Um jemanden kennenzulernen, muss man ihm zuerst gegenübertreten. Ihn ansehen.

Das mag einfach klingen, erfordert aber sehr viel Aufmerksamkeit, Offenheit, Denk- und Fühl-Arbeit.

Anders als bei dem Kennenlernen eines Fremden, können wir nicht einfach eine Beziehung auf nackten Boden bauen, denn es besteht bereits eine gewisse Beziehung zu uns selbst, die wir erst begutachten müssen, um zu wissen, wo wir stehen. Um uns wirklich anzusehen müssen wir uns also selbst sehr genau und ständig (bzw. immer wieder, immer ein bisschen öfter) zuhören und zusehen. Hier ist viel Aufmerksamkeit gefragt: Welche Gedanken habe ich (gerade/generell) über mich selbst? Welche Emotionen mir selbst gegenüber habe ich mir zur Gewohnheit gemacht (bzw. empfinde ich gerade)? Mit welchen Einstellungen trete ich mir selbst gegenüber? Welche Aussagen über mich selbst habe ich mir als Wahrheiten verkauft und bereitwillig verinnerlicht? Wie gehe ich mit meinen Wünschen und Bedürfnissen um (und bemerke/entwickle ich überhaupt noch welche) ? Welche Priorität gebe ich mir selbst in meinen Gedanken und in meinem Handeln? In welchem Ton rede ich zu mir selbst? Und so weiter. Man könnte unendlich viele Beispiele nennen. Wir müssen sensibel werden, ein Gefühl dafür entwickeln, was in uns vorgeht, uns daran gewöhnen, darauf zu achten, wie wir (gerade) mit uns umgehen, damit wir später wachsam genug sind um die kontraproduktiven Dinge erkennen und ändern zu können.

Es macht beispielsweise wenig Sinn, wenn ich mir jeden Morgen vor dem Spiegel versuche weiszumachen dass ich liebenswert bin, so, wie ich bin, während ich den gewohnten Ekel über mein natürliches Gesicht in fünf Schichten Schminke ertränke.
Das heißt nicht, dass ich mich nicht mehr schminken darf, auch nicht, dass ich jetzt im Stande sein muss, mich doch mal ungeschminkt in die Öffentlichkeit zu trauen. Es geht hier im ersten Schritt nur um Bewusstheit. Also zuhören, zusehen, erkennen: „Puh, ganz schön kritischer, verächtlicher Gesichtsausdruck, der mir da grad' aus dem Spiegel entgegenblickt. Ah, okay, ich spüre, ich empfinde tatsächlich richtigen Ekel über mein natürliches Aussehen. Ekel ist eine heftige Emotion, so negativ stehe ich also meinem Gesicht gegenüber. Und wenn ich diesen Ekel-Faktor länger ansehe, steigt Trauer auf, die zu Wut wird und jetzt fühlt es sich sogar schon nach Hass an...oh, da kommt ein Gedanke: >Ich hasse mein Gesicht...so was kann man ja niemandem antun, echt ätzend, schnell schminken!< Oha, das sind aber krasse Aussagen....ganz schön feindselig....“
Es geht hier nicht darum, dass man an sich selbst keine äußeren (oder inneren) „Makel“ sehen darf. Es geht um die Bewusstwerdung über den Umgang damit (und später dessen Bearbeitung), das ganze Drumherum.

Würdest Du zu einer Freundin, die in Deinen Augen nicht sehr attraktiv ist, sagen „Buäääh, Dein Gesicht....hier, schmink' Dich mal lieber schnell....Du bist ja 'ne liebenswerte Person, aber das geht ja mal gar nicht, ist ja widerlich!“ ?
Oder wenn es das schütter gewordene Haar ist, das einen sich unterbewusst sagen lässt „Oh Mann, zieh bloß schnell die Mütze auf, Du musst den Leuten ja nicht unter die Nase reiben, dass Du mit Mitte 20 schon aussiehst wie aus dem Altersheim entlaufen. Ach ja, aber hey, liebenswert bist Du schon....jetzt versteck' endlich die hässliche Platte!“, wäre so ein Statement gegenüber einem Kumpel wohl der Freundschaft zuträglich?

Oder man ist ein unangenehmes Gefühl gewohnt, wenn man sich inmitten einer Gruppe Menschen (bei der Arbeit, beim Feiern, sonst wo) befindet und bemerkt erst bei genauerem Nachfühlen, dass man mit dem verinnerlichten Glaubenssatz „Im Vergleich zu anderen bin ich uninteressant/unwichtig“ in die Situation hineingeht und diese Aussage im weiteren Verlauf unterbewusst weiter nährt und festigt.
Drückt das wohl ein liebevolles Verhältnis aus?

Das Gleiche gilt auch für Situationen, in denen wir nicht wir selbst sind. Oft verbergen wir unsere wahren Gefühle, Gedanken, unser wahres ICH, hinter Schutzmechanismen, meist aus der Angst vor Verletzlichkeit, Ablehnung, Ausgrenzung, o.ä. Wir verstellen uns, überspielen oder verstecken Teile von uns. Oft nur im kleinen Rahmen, doch alles was wir (nicht) tun, um in irgendeiner Form nicht-wir-selbst-zu-sein, bzw. uns nicht zu zeigen, fungiert als Aussage uns selbst gegenüber, dass wir so, wie wir wirklich sind, in irgendeiner Form nicht gut (genug) sind, sondern es nötig ist uns zu maskieren. Und einem Freund würde wohl niemand sagen, dass er nicht gut (genug) ist, so wie er ist, nicht wahr!? Der wichtige Punkt hierbei ist nicht, sämtliche (teilweise sicher sehr nützliche und gesunde) Schutzmechanismen abzulegen und zu einem offenen Buch zu werden. Es geht nach wie vor um die innere Einstellung dazu. Es geht darum, zu merken wann wir uns selbst - wenn auch noch so dezent - verleugnen und aus welchem Grund wir das tun, aus welchen Gedanken über uns selbst dieses Verhalten entsteht/entstand.


Das Problematische an der Sache ist, dass nach Jahren der Selbstverachtung oder -vernachlässigung Aussagen wie die aus den obigen Beispielen oft gar nicht mehr hörbar sind. Es äußert sich jetzt nur noch ganz subtil und oft gedankenlos, in Bruchteilen von Sekunden, vielleicht in einem Stirnrunzeln, der zielstrebigen Geschwindigkeit mit der wir die Konfrontation (also z.B. das Betrachten des Spiegelbildes) vermeiden, oder auch einfach durch ein altbekanntes, komisches Gefühl. Diese dezenten Hinweise gilt es also, zu bemerken und dann anzusehen, ganz direkt, um zu erkennen, was hinter ihnen steckt.
Es kann auch sein dass man schon so abgeklärt ist, dass nicht einmal mehr der kleinste Hinweis aufkommt. Hier hilft uns aber unser Verstand, mit dessen Hilfe wir nach Selbstbeobachtung Vermutungen anstellen und die Dinge aktiv hinterfragen können (z.B. „Ich verlasse das Haus nie ohne Mütze/Schminke. Mach ich das nur weil es mir gefällt, oder steckt da vielleicht mehr dahinter?“ oder „Der morgendliche Gang ins Badezimmer fühlt sich irgendwie immer etwas merkwürdig an. Irgendwie nicht so neutral, wie er sich anfühlen könnte. Geschieht hier irgendwas bestimmtes mit/in mir?“ oder „Irgendwie fühle ich mich schon den ganzen Abend unwohl in dieser Gruppe. Ich lache auch mal wieder die ganze Zeit mit, obwohl mir gar nicht nach lachen zumute ist, das fühlt sich nicht richtig an, das bin nicht ich. Warum tu ich das denn dann immer? Was könnte denn passieren, wenn ich es nicht täte, was ich hier zu vermeiden versuche?“). In der Regel kennen wir ja zumindest grob unsere eigenen Tabu-Themen und können erahnen, in welchen Situationen oder zu welchen Themen wir unserem Verhalten/Denken/Fühlen auf jeden Fall verstärkt Aufmerksamkeit schenken und/oder es hinterfragen sollten.

 

Sich selbst und den eigenen Wahrheiten nach langen Zeiten der Selbstentfremdung so bewusst, direkt, ungeschönt und ungeschützt gegenüberzustehen und anzusehen, kann ziemlich heftig sein. Hier können meiner Erfahrung nach Emotionen freigesetzt werden, die einen umhauen und das nicht unbedingt nur einen Moment lang. Und genau das ist der Punkt, an dem uns unsere „familiäre“ Selbstliebe und unser „Kernwesen“ an sich sehr helfen können, was meines Erachtens nach unbedingt in Anspruch genommen werden sollte. Denn von jener Seite können wir nun „Rückendeckung“ erhalten, eine Schulter zum Anlehnen, ein offenes Ohr, tröstende Worte, liebevolle, Mut machende Umarmungen und eine loyale Hand, die uns hält.

Und hier finden wir in dem ganzen Selbst-Betrachtungs- und Gefühls-Chaos wieder zu unserem Kern, hier kommen wir „nach Hause“ und können neue Kraft sammeln.
 

Selbstliebe ist ein unsagbar umfangreiches Thema, bildet das zu liebende Selbst doch die Essenz unseres Seins und die Beziehung zu ihm den Grundstock für unsere gesamte Lebensführung.
Daher halte ich es für sehr wichtig, hier wirklich genau hinzusehen und diesen Weg Schritt für Schritt zu gehen, angefangen dort, wo wir tatsächlich gerade stehen.

Und nach einigen zurückgelegten Kilometern ist dann vielleicht die Zeit auch reif für eine der Zärtlichkeiten-mit-Deinem-Spiegelbild-Übungen. Vielleicht auch nicht.

 

 

4. erdachte Abhängigkeit

 

Ich habe vor einer Weile festgestellt, wie ich mir über die Jahre einige (vermutlich hab ich auch nur einen Teil bisher erkannt) Grundsätze, "Abhängigkeiten" (was sämtliche Bereiche des Lebens und jenes als Ganzes betrifft) eingeredet habe, die extrem lähmend/blockierend/runterziehend wirken und diese inzwischen als ganz selbstverständliche Tatsachen empfunden hatte, daher auch gar nicht bewusst wahrgenommen habe.
Solche herbei gedachten Abhängigkeiten entmächtigen einen der Verantwortung und auch Entscheidungsherrschaft und "Kontrolle" über das eigene Leben bzw. Teilaspekte der eigenen Lebensführung und -gestaltung. Gefühle wie Trägheit, Ziellosigkeit, auf-der-Stelle-treten und Machtlosigkeit (über sich selbst und das eigene Leben) können dadurch bedingt sein.
Wenn man sich dieser Trugabhängigkeiten erst mal bewusst wird, hat das eine wahnsinnig befreiende und "ermächtigende" Wirkung (zumindest bei mir ist das so).
Ein Beispiel:
Ich fand es bis vor einer Weile ganz selbstverständlich, dass, wenn mein Tag blöd anfängt (ich, als Morgenmuffel, z.B. an einem freien Tag unsanft und zu früh geweckt werde, dann kein Kaffee da ist, etc....einfach der Morgen nicht so ist, >wie ich ihn brauche< um gut gelaunt in den Tag zu starten, fit zu werden und aktiv sein zu wollen/können), ich schlechte Laune habe und mich diese schlechte Emotion dann daran hindert, im weiteren Verlauf des Tages/Vormittags munter, aktiv, optimistisch, produktiv, kreativ,....zu sein.....was natürlich zu einem Teufelskreis wird, denn durch die daraus entstehende "Lethargie"/Faulheit/Trägheit/Passivität entstehen erst recht negative Emotionen und dann kommt man erst recht nicht in die Gänge....
Genauso ist es bei mir auch in Bezug auf wichtige unliebsame Erledigungen gewesen: "Erst muss ich Kraft tanken/gute Laune bekommen/optimistisch werden...und dann kann ich die Bewerbung schreiben. Kraft tanken/gute Laune bekommen/...kann ich NUR, wenn..../kann ich NICHT, wenn.....*wasauchimmer*..."
Also Gedankengänge wie "Der Tag fing scheiße an, ganz klar dass ich jetzt schlechte Laune habe." / "Ich hab schlechte Laune, ganz klar, dass ich jetzt nicht produktiv sein kann." / "In der Wohnung sieht es schon wieder/immer noch aus wie Kraut & Rüben, ganz klar, dass ich mir jetzt assig/unfähig/faul vorkomme (oder es >bin<) und ein schlechtes Gewissen habe und mich schlecht fühle. Jetzt muss ich mich erst mal emotional wieder aufpeppeln bevor ich irgendwas tun kann."

Heißt also: Ich geh davon aus, dass ich davon *abhängig bin*, wie ein Umstand - in diesem Fall der Start in den Tag / meine Laune / mein bisheriges nicht-Aufräumen in der Wohnung - ist, um 1.gute Laune zu haben oder optimistisch/fit/aktiv/... zu sein und 2.etwas tun zu können, das ich tun will/mir vorgenommen hatte.

Und das gilt auch für eigene "Gefühls-Prognosen":
> Bewerbungen schreiben kann ich nicht gut/konnte ich noch nie gut, also werde ich mich schlecht fühlen während der Tätigkeit < ---> Falsch! Muss ich nicht! Mein mich-gut-fühlen ist nicht tatsächlich davon abhängig, ob ich das, was ich gerade tue, gut kann oder es mir gefällt oder Angst macht. Ich kann mich trotzdem währenddessen anders fühlen, wenn ich will!
Und auch von alten Gefühlen ist das aktuelle nicht abhängig! Die (unbewusste) Denke > Dabei hab ich mich bisher jedes Mal schlecht gefühlt, also wird es auch jetzt so sein / kann es nur so sein < ist auch falsch! Es muss nicht wieder so sein wie bisher, wenn ich es nicht will!

Ebenso gilt es für eigens (unbewusst) bestimmte "Gefühls-Zusammenhänge", die für die meisten Menschen (meiner Erfahrung nach zumindest) gar nicht bemerkt, geschweige denn hinterfragt werden, weil solche Zusammenhänge, solche Abhängigkeiten, als vollkommen "normal" und "logisch" und "unvermeidbar/unlenkbar/selbständig geschehend" und "uns-im-Griff-habend" angesehen werden:
Ich verliere z.B. meinen Job, daraufhin geht es mir schlecht, ich fühle mich wertlos, etc., was auch immer. Wenn dann jemand käme und fragen würde, warum ich mich schlecht fühle, würde ich vermutlich (jedenfalls früher wär es so gewesen) denken: >Na warum wohl, ich habe gerade meinen Job verloren, ist doch ganz klar dass es mir jetzt schlecht geht! Blöde Frage!!< und sagen: "Na ich hab gerade meinen Job verloren!"...aber was wenn der andere nun sagen würde "Okay.....und???" ...jo...vielleicht fügt derjenige sogar noch hinzu "Wer weiß wofür es gut ist..." und vielleicht sagt er sogar noch "Hey, das trifft sich gut, mein Onkel sucht jemanden, der Recherchearbeiten für seine Firma übernimmt, das wolltest Du doch schon immer machen!"
Das ist natürlich ein extremes Beispiel, weil es sicher viel Übung braucht, mit einem Jobverlust positiv umzugehen, aber Fakt ist: Es *muss mir nicht schlecht gehen* weil ich meinen Job verloren habe (oder sonst was passiert ist) und ich *muss mich nicht als Verlierer oder ungewollt oder sonst wie fühlen*, noch dazu *bringt es ja auch gar nichts* wenn ich mich daraufhin schlecht fühle und meine Gefühlslage an äußere Geschehnisse binde. Zumindest in den meisten Fällen nicht.,...Dinge wie Trauerarbeit nach einem Todesfall usw. sind natürlich wichtig und gesund, aber mir geht es hier eher um den "Alltag", den wir uns schwerer und unangenehmer machen als er sein müsste.
Und selbst wenn ich es nicht schaffe, meine Emotionen nach einem Geschehnis in die Hand zu nehmen, so kann ich es ganz bestimmt schaffen, zumindest die Dauer des passiven "Emotionierens" zu verkürzen und mich quasi "nach dem ersten Schock" sammeln und mir bewusst machen, dass ich Herr meiner Emotionen bin und diese Verantwortung und Macht wieder ergreifen.

--> Wir sind unseren Emotionen NICHT ausgeliefert, es sei denn, wir liefern uns ihnen aus (und das tun wir auch dann, wenn wir sie gar nicht wahrnehmen, was oft ein Knackpunkt ist...also: Aufpassen, reinfühlen, nachdenken, handeln.)

Überlegt (und erfühlt) halt vielleicht einfach mal, wenn es darum geht, dass ihr Euch schlecht fühlt weil ihr irgendwas nicht tut oder meint, es jetzt nicht tun oder sein [z.B. fröhlich/gelassen/selbstbewusst/whatever] zu können (oder dass ihr Euch erst mal was Gutes tun müsst, bzw. die Tätigkeit hinausschieben müsst, weil ihr Euch ja im Moment schlecht fühlt und Euch da jetzt nicht noch zu allem Überfluss jene unliebsame Tätigkeit aufzwingen wollt, oder einfach warten müsst bis sich im Außen was ändert, damit ihr wieder kreativ/produktiv/optimistisch/mutig genug werdet um die Sache zu tun), ob ihr Euch da nicht eigentlich einredet, von irgendwelchen Umständen abhängig zu sein, von denen ihr tatsächlich überhaupt nicht abhängig seid und ob ihr da nicht Eure "Macht" abgebt, bzw. Verantwortung wegschiebt.
(Bei mir selbst beginnt das meistens mit eingeredeten *Gefühls*-Abhängigkeiten: "Schlechter [eigentlich nur: ungewohnter/-erwarteter] Start in den Tag --> schlechte Laune --> Antriebslosigkeit --> Passivität --> schlechtes Gewissen/Selbstbild --> schlechte Laune --> ...." Dabei ist weder die schlechte Laune nötig, noch die Passivität durch schlechte Laune. Denn meine Laune ist nicht wirklich abhängig von dem "guten" Start in den Tag und meine Handlungen nicht von "guter" Laune...das ist nur so, wenn ich die Macht/Entscheidungsgewalt darüber weggebe!)


 

Nach oben